
Als bekannt wurde, dass die Division 2 2021 ihr Comeback in der GSO geben würde, schwankten die Reaktionen zwischen Vorfreude und Skepsis. Auf der einen Seite freute man sich auf spannende Rennen wie bereits damals unter anderem 2014, auf der anderen Seite waren die Bedenken groß, ob die Serie organisatorisch und fahrertechnisch in der Lage wäre zu funktionieren. Und tatsächlich. Nach leichten Anlaufschwierigkeiten inklusive verschoben-en Saisonstart begann das Comeback 2021 in Barcelona. Ein Rennen, welches geprägt war von einem Neustart nach großem Crash und einem dominanten Sieger Jan Winter im TDD by Kostec Boliden.
Eben jenen Jan Winter sah wohl ein Großteil des Fahrerlagers als klaren Mann für den Titel an. Dieser machte einen extrem akribischen sowie motivierten Eindruck. Das Kostec Team unterstrich seine Dominanz zusätzlich durch den zweiten Platz von Max Hayman. Ansonsten sah man noch keine klaren Gegner für Winter. Potenzielle Kandidaten wie Morgan Freeway (Manziel - P6), Jörn Dicks (Afelian - P5) oder Tobias Dorsch (WR - P4) konnten das Niveau an diesem ersten Rennabend zumindest nicht mit gehen.

Den Befürchtungen auf eine dominante winterische D2 Saison wurden dann bereits in Kyalami etwas der Wind aus den Segeln genommen. Afelian Racing präsentierte sich erstmals als ernstzunehmender Konkurrent. Vor dem Südafrika Grand Prix war Alexander Hess für das freie zweite Cockpit neben Jörn Dicks präsentiert worden. Eine Personalie die alles verändern sollte. Sowohl Hess als auch Dicks fuhren in früheren GSO Zeiten bereits mit. Dementsprechend gut funktionierte von Anfang an die Teamchemie ohne bereits in der kurzen Zeit ihr volles Potenzial zeigen zu können. Während Hess auf Podiumskurs den Wagen verlor wurde Dicks Zweiter und schlug erstmals Jan Winter, welcher mit Platz drei keinen guten Tag erwischte. Als überraschender Meisteranwärter zeigte sich nun auch Morgan Freeway auf der Bühne. Der Manziel Pilot gewann nach starker Leistung den Kyalami Grand Prix und wurde fortan als Geheimtipp der Saison gesehen.
So oder so mit Platz drei und vier wackelte die Dominanz der Kostecs aus dem ersten Grand Prix merklich. Etwas restaurieren konnte Jan Winter das Resultat beim Spanien Grand Prix in Jerez. Ein auf der Strecke langweiliger Rennabend wurde letztlich an der Box entschieden. Da Alexander Hess eine längere Standzeit hatte kam Jan Winter im Kostec letztlich vorbei und gewann sein zweites Rennen 2021. Dicht gefolgt von den Afelians, welche sich als Team noch einmal stärker präsentierten und so langsam bekam man die Ahnung, dass sowohl Dicks als auch gegebenenfalls Hess ein Wörtchen um den Fahrertitel mitreden könnten. Morgan Freeway als Vierter verlor dagegen wieder mehr an Boden.

Mit recht entspannten elf Zählern Vorsprung vor Jörn Dicks ging Winter so in den Deutsch-land Grand Prix. Ein Rennabend, welcher für den jungen Rookie von Kostec das erste Mal so richtig frustrierend gewesen sein dürfte. Bereits vor Rennstart präsentierten sich die beiden Afelians in Topform, wobei Hess die Nase knapp vorne hatte. Demensprechend belegten beide die erste Startreihe nach der Qualy und dominierten das Rennen von Beginn an vor Jan Winter & Co. Erst durch ein Safety-Car wurde der potenzielle Doppelsieg noch einmal in Gefahr gebracht. Die Afelians lösten sich jedoch als erste aus der Führungsgruppe und konnten den feuchten Traum eines jeden neuen GSO-Teams in die Tat umsetzen. Unter-dessen verzweifelte Jan Winter im Dreikampf mit Tobias Dorsch (WR) und Johannes Michl (Falcon). Letztlich blieb nur Rang fünf und ein minimaler Vorsprung von drei Punkten während Kontrahent Dicks seinen ersten D2 Sieg eintütete.
So konnte man sehen, dass die Motivation bei Dicks und Hess auch für den Belgien Grand Prix hoch war. Beide investierten besonders viel Zeit in die Vorbereitung. Prüften selbst das Windschatten fahren in der berüchtigten Eau-Rouge. Doch trotz aller akribischen Arbeit machte ein Fehler die komplette Vorbereitung zu Nichte. Ins Rennen starteten die Meister-kandidaten allesamt hinter Neuling Heiko Kolvenbach, welcher sich anschickte in das Geschehen an der Spitze einzugreifen. In der Eau Rouge zeigte sich dann nach dem Start, dass man bei Afelian zwar die Dirty Air trainiert hatte, nicht allerdings in Kombination mit kalten Reifen. Das Setup erwies sich als zu instabil für diesen Moment und so wurde es ihnen in einer jetzt schon legendären Szene zum Verhängnis, als beide Afelians synchron abflogen und einen großen Crash verursachten.

Während Hess über die Mauer in den Wald geschleudert wurde kam der Bolide von Dicks auf die Strecke zurück und löste Folgeunfälle aus. Der Titelkandidat musste abstellen und so schien der Traum vom Titel an diesem Rennabend unterzugehen. Jan Winter wurde letztlich mit einem starken Rennen hinter Heiko Kolvenbach Zweiter und holte sich die verlorenen Punkte aus Deutschland wieder zurück. Hess fand aus dem Wald zur Strecke zurück und betrieb mit Rang vier zumindest noch Schadensminimierung. Nicht ohne, dass er dabei Morgan Freeway endgültig, durch unglückliche technische Umstände, aus dem Titelrennen schoss.
Nach diesem Rennen in Spa dominierte erneut die einheitliche Meinung, dass Winter den Titel unter normalen Umständen nun schon sicher haben müsste. Selbst in Italien sah es lange so aus. Ein Jan Winter, für den das Rennen erst mies begann und dann immer besser wurde. Doch gerade hier, in einer Situation, in der der Druck kaum da war, machte er den zweiten großen Fehler nach Hockenheim. Beim anbremsen auf die Ascari kam er auf den Dreck und verlor den Wagen. Nach dem Einschlag inklusive Frontflügelverlust fiel Winter aus den Punkten, während vorne die Afelians ihren zweiten Doppelsieg einfuhren. Dieses Mal durfte sich Alexander Hess dank einem fehlerlosem Rennen über seinen ersten D2 Sieg freuen. Die Hoffnungen der beiden Teamkollegen kehrte zurück, Winter kam wieder mehr unter Druck, behielt aber die Führung in der Meisterschaft.

Wenige Tage später wurde zudem klar, dass nicht nur Alexander Hess und Jörn Dicks (Volksmobil) 2022 in der VFC Platz nehmen würden, sondern auch Jan Winter bei der Scuderia Cesario. Unabhängig von der aktuellen D2 Saison würde sich die sportliche Rivalität der Golden-3 in der kommenden Saison auf höherer Ebene weiterentwickeln.
In Silverstone setzte sich dann das Hin-und-Her an der Spitze fort. Die Afelians erwischten mit Platz drei und vier einen ungklücklichen Rennabend während Winter mit einer starken Leistung am Ende zumindest etwas glücklich gewann. Zuvor hatte Heiko Kolvenbach (Buttler-Pal) in der Full-Course-Yellow Phase durch einen Fehler beim zusätzlichen Boxenstopp die sichere Führung verloren. Selbige baute Winter in der Meisterschaft nun aus und konnte im vorletzten Saisonrennen in Suzuka bereits den Titel klar machen. Doch abermals, wie in Italien, warf der Kostec-Rookie die ideale Ausgangssituation weg. Nach Fehlern der Konkurrenz kämpfte Winter vor seinem ersten Stopp um die Führung mit Alexander Hess. Diese Situation sorgte für einen Fehler am Boxeneingang und einer folgenden Durchfahrtsstrafe wegen Speeding in der Box. Da Winter diese aber innerhalb der Safety-Car Phase durchführte musste er sie im Anschluss noch einmal absitzen.

In einer wahnsinnigen Aufholjagd raste der zukünfte VFC-Pilot noch auf Rang sieben. Rutschte durch eine Strafe für Philipp Feckeler (Cliffort) nach dem Rennen am grünen Tisch sogar noch auf Platz sechs. An der Spitze reagierte man bei Afelian kurz vor Ende mit der vielleicht am kontroversesten diskutiertesten Entscheidung der diesjährigen D2 Saison. Alexander Hess ließ Jörn Dicks vorbei und ermöglichte diesem sowohl den zweiten Sieg als auch die weiterhin realistische Möglichkeit auf den Titel. Hess selbst hingegen kann dadurch beim morgigen Saisonfinale nur noch mit Außenseiterchancen den Pokal holen. Dennoch hat dieser trotz einem Rennen weniger, die meisten Punkte im Schnitt geholt. Aber mit fünf Punkten Rückstand auf Jan Winter und Jörn Dicks ist die große Überraschung wohl nur als selbige zu betrachten. Hess opferte sich damit für seinen Teamkollegen, ein starker Vertrauensbeweis für die Zukunft und dennoch eine vielleicht nicht günstige Ausgangs-position. Mit dem Resultat in Suzuka machten Dicks und Hess zudem den Team-Titel unter den Konstrukteuren klar, ein Erfolg, hatte man doch nach dem ersten Rennen noch Kostec als klare Titelaspiranten gesehen. Afelian Racing geht damit als gejagtes Team auch in die zukünftige D2 Saison.
Zum abschließenden Showdown wird es also in erster Linie zwischen Dicks und Winter kommen. Beide haben nun 79 Zähler, wobei Winter dank einem Sieg mehr aktuell bei Gleichstand die Nase vorne hat. Der Kostec Fahrer hat damit in Japan einen 10 Punkte Vorsprung hergegeben und dürfte im Finale nun den größten Druck verspüren. In Indianapolis kommt es zum direkten Kopf-an-Kopf Duell. Wer den anderen schlägt gewinnt und wenn man nicht aufpasst, gewinnt sogar der Hess. Dieses Motto dürfte diesen letzten D2 Rennabend 2021 begleiten. Die letzte Station die diesen völlig verrückten Meisterkampf der Nachwuchsserie hoffentlich als würdige Geschichte abschließen dürfte...
Autor: Julian Kopp
Hier gehts zu den aktuellen Trainingszeiten des USA GP: