Der Kampf um die hinteren Punkteränge ist in vollem Gange. Durch die Abwesenheit einiger Stammfahrer wittern die Ersatzpiloten ihre Chance auf einen glorreichen Abend. Wir nehmen die Hinterbänkler im Vorfeld unter die Lupe.
Manziel GP

Für Manziel GP hat die letzte Back-to-Back Woche der VFC 2021 keinen sonderlichen Ertrag gebracht. Zwar fuhr das Team respektable Positionen ein, dennoch scheiterte man stets an den Zähler-Platzierungen. So bleibt der Punktgewinn von Travis Carter aus Italien das einzige große Erfolgserlebnis der jüngeren Vergangenheit. Auch beim Ungarn Grand Prix schlug man sich nicht schlecht und kam letztlich vor einigen Konkurrenten auf Rang Vierzehn und Fünfzehn ins Ziel.
Die ausbleibende Ausbeute hat aber Konsequenzen. Der letzte Rang der Team-WM ist beim kultigen Comeback-Rennstall derzeit fest etabliert. Mit 7 Zählern hat man fast nur halb so viel wie das davorliegende R-cademy Team. Die Gründe liegen klar auf der Hand. Die so gut wie nicht existente Wagenentwicklung über die gesamte Saison schmeißt den Rennstall in der Leistungstabelle immer weiter zurück, trotz VM-Motor. Punktete zu Beginn des Jahres Zug-pferd Sebastian Steinhauer noch zuverlässig, flachten die Erfolge mit der Zeit immer weiter ab. Mittlerweile ist der Rookie acht Rennen am Stück ohne Punktgewinn.
Grund zur Trauer gibt es innerhalb des Teams trotzdem nicht. Man war sich über den eigenen Stand von Anfang an bewusst und steckte die eigenen Erwartungen so immer niedrig. Gleiches gilt nun umso mehr für die restliche Saison und auch für den kommenden Großbritannien Grand Prix. Umso mehr freut sich Carter über den Top-5 Platz seines Nachwuchsrennstalls in der D2 von Morgan Freeway.
Gleiche Erfolge bleiben am Sonntag in der VFC bei halbwegs normalem Rennverlauf unerreichbar und so wird man sich weiter auf das eigene Vorgehen besinnen. Versuchen mitzuhalten und möglichst wenige Patzer einzubauen um gegebenenfalls die Fehler der Konkurrenz auszunutzen. Hinzu kommt, dass gerade Steinhauer kaum Zeit zur Vorbereitung auf Silverstone finden wird. Der Deutsche befindet sich momentan im wohlverdienten Urlaub und wird erst einen Tag vor Rennstart ins Fahrerlager zurückkehren.
Bei allem Pessimismus eröffnen sich aber auch Chancen. Zum einen wird das Fahrerfeld am Sonntag auf Grund der Urlaubszeit stark verändert sein. So nutzen mehrere D2 Piloten ihre Chance Erfahrung zu sammeln. Das eröffnet Möglichkeiten für gestandene Piloten wie Sebastian Steinhauer und Travis Carter. Der Teamchef selbst ist davon aber noch nicht überzeugt: „(…) Da sitzen jetzt keine Nasenbohrer in den Autos. Die können schon fahren und haben alle auf dem Papier ein schnelleres Auto. Letztendlich wird es das gleiche Spiel wie sonst auch sein. Selbst fehlerfrei bleiben, auf Fehler hoffen und da sein um diese auszunutzen.“
Zum anderen droht ein sehr nasser Rennabend. Der aktuelle Wetterbericht verheißt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit starken Regen während des Sonntags. Das bietet Platz für Chaos und wo Chaos herrscht können auch Hinterbänkler wie Manziel GP gegebenenfalls bril-lieren. Am Ende wird die eigene Fehlerquote über zählbares und gewohntes entscheiden.
R-cademy

Zum R-cademy Team der letzten Wochen kann man eigentlich nicht viel sagen. Schlicht und ergreifend weil sie kaum existent waren. Bereits im Laufe der bisherigen Saison fehlte immer mal wieder ein Fahrer bei den Grand Prix Starts und nicht immer konnte Teamchef Bastian Paisler Ersatzstarter auftreiben. Wie belastend das für den Kopf des zweiten Razor-GP Rennstalls sein kann zeigte sich dann in Ungarn offenkundig. Genervt entsagte Paisler der Suche nach Ersatzfahrern als klar war, dass seine beiden Stammpiloten urlaubsbedingt fehlen würden und so war es das zweite Mal in der laufenden VFC-Saison, dass ein Team bei einem Grand Prix gar nicht an den Start ging.
Selbiges war bisher nur bei Clipper Motorsport in Monaco der Fall. Die häufige Abwesenheit, die damit fehlende Kontinuität und die oft mangelnde Vorbereitung der Piloten sorgen dafür, dass R-cademy momentan mit 12 Zählern die klar vorletzte Kraft in der Königsklasse darstellt. Dennoch bietet die Ausgangssituation noch Hoffnung. Ein Ab-rutschen auf den letzten Platz ist für den Rest der Saison äußerst unwahrscheinlich und nach vorne ist der Abstand zur Konkurrenz noch weiter überschaubar. Vor dem Rennen in Silverstone bietet sich nun ohnehin die Chance auf Big-Points. Zum einen kehrt Stammfahrer Alexander Kraft zurück und legte bisher schon einige Trainingsrunden auf dem Kurs hin. Die Zeiten von ihm machen dabei Hoffnung, dass man am Sonntag in der Lage sein wird um Punkte mitzufahren. "Also nach dem Training können wir glaube ich sagen das Punkte unser Ziel sind für die Letzten Rennen paar Rennen der Saison vor allem da ja wo wir uns befinden alles noch offen ist in der Team WM und dort zählt jeder Punkt. Außerdem denke ich das wir gute Chancen haben in diesen Rennen und allgemein in den Letzten Rennen." sagte Kraft gegenüber der Presse. Umso mehr, weil auch das zweite Cockpit stark besetzt sein wird. Heiko Kolvenbach gibt in Silverstone seinen zweiten VFC-Aufritt und legte bisher konkurrenzfähige Zeiten an den Tag. Gemeinsam stellen die beiden bei genug Vorbereitung ein schlagkräftiges Duo dar. Hinzu kommt, dass unter anderem mit Cooper McAllister, Lukas Schmidt und Yannik Barwig mehrere Piloten bei Top-Teams fehlen, welche normalerweise klar in die Punkteränge fahren würden.
Für Kolvenbach wird es auch eine Gelegenheit sein die Ereignisse vom vergangenen Sonntag in Großbritannien vergessen zu machen. Auf die Frage ob der Frust über den verlorenen Sieg aus dem D2 Rennen in Silverstone noch vorhanden wäre antwortete er angriffslustig: „Frust? Der ist noch da und ich hoffe auf Wiedergutmachung in der VFC mit ein paar Punkten für das R-cademy Team. Wie weit es nach vorne geht weiß ich selbst noch nicht. Da müssen wir bis zum Rennen abwarten und sehen wo wir am Ende landen.“
So ergibt sich für R-cademy am Sonntag die Chance auf ein Big-Point Rennen. Dennoch gibt es noch einen Endgegner, den es zu schlagen gilt. Das Wetter. Beim letzten nassen Auftritt lief es für beide Piloten nicht sonderlich rund. Gerade Heiko Kolvenbach, welcher bei seinem VFC-Debüt in Belgien den Wagen bei Nässe in der Eau Rouge verlor und ausschied, wird sicher eher auf trockene Bedingungen hoffen. Im Hinblick auf den Wetterbericht rea-gierte der Buttler-Pal Pilot daher verhalten: „Vor allem müssen wir schauen was das Wetter macht. Ob es anfängt zu regnen oder nicht…da mehrere Berichte von Regen ausgehen und einige wiederum nicht.“
Dennoch, R-cademy kann am Sonntag, gemessen an den bisherigen Saisonleistungen, eigentlich nur überzeugen.
SCMM

Die Back-to-Back Woche war für die Scuderia CM Motorsport ein Auf und Ab der Gefühle. Der Nürburgring war vor allem bei Teamchef Gaggiano von Erleichterung geprägt, da er das erste Mal nach sechs punktlosen Rennen wieder etwas Zählbares holen konnte. In Ungarn kehrte dann vor allem die Pechhexe zurück zum Italiener. Erst räumte ihn Jannis Wollborn in den Punkten liegend von der Strecke und im Anschluss kam es noch zu einer Kollision mit Cesario Pilot Max Hayman. Am Ende ging man beim italienischen Rennstall wieder leer aus, da auch Alexander Rütt sich nicht aus dem hinteren Mittelfeld befreien konnte.
Auf den Frust des Italieners in Ungarn, welcher ihm nach eigener Aussage das Leben genommen hatte, ging es erst einmal in den Urlaub ins heimische Italien. Aus diesem wird der Kopf des Teams auch am Sonntag noch nicht zurückgekehrt sein, weshalb Jörn Dicks sein offizielles VFC-Debüt gibt. Lange hatte man als Außenstehender gerätselt warum der Meisterschaftszweite der Division 2 solange auf seinen VFC-Auftritt warten ließ. Nun aber ist es endlich soweit und der Auftritt erfolgt fast selbstredend beim Afelian Kooperationspartner SCMM.
Zusammen mit Alexander Rütt wird Dicks so am Sonntag in Silverstone auf Punktejagd gehen, nachdem der Rookie im D2 Rennen nur einen enttäuschenden vierten Rang einfuhr. Zumindest schon der bisherige Trainingsumfang spricht für den Afelian Piloten, auch wenn zeitlich noch Luft nach oben scheint. Hoffnungen auf Punkte darf man sich bei den Italienern zumindest machen, denn auch hier wird man versuchen von fehlenden Punktegaranten der Konkurrenz zu profitieren. Auch für Alexander Rütt wäre ein Punkteerfolg nicht unwichtig. Der Deutsche ist für 2022 noch ohne offizielles Cockpit und wird ebenfalls versuchen sich gut zu präsentieren. Dabei erlebt der Mann aus der Eifel aktuell eine schwierige Zeit. Da auch seine Region von den Hochwassern betroffen war, bleibt derzeit kaum Zeit für Vorbereitung und so klingt seine Erwartungshaltung dementsprechend bodenständig: „Ich habe immer noch mit meinem abgesoffenen Keller zu kämpfen. (…) Vor Samstag werde ich es Safe nicht schaffen zu trainieren. Das wird ein Rennen mit ganz wenig Vorbereitung. Wenn ich nicht wieder ins Verderben mitgezogen werde wie so oft und von Fehlern anderer profitieren kann, springt vielleicht ein Punkt heraus oder eher es ist die Hoffnung…“
So gehen beide SCMM Piloten mit verschiedenen Voraussetzungen in den Grand Prix. Fakt ist, für beide wäre ein erfolgreicher Rennabend ein wichtiger Schritt in die Zukunft.
Beta Guilia

Auch für den nächsten Italienischen Rennstall sind es derzeit harte Wochen in der VFC. Beta Guilia befindet sich nach einer zwischenzeitlich positiven Phase derzeit in einer Leistungs-krise. Nach dem nicht wie erwartet positiven Heimrennen in Monza brachen die Leistungen auch in der Folge weiter ein. In Ungarn zuletzt konnte man, erwartungsgemäß, mit dem radikalen Topspeed-Konzept wenig reißen und wurde auch durch eigene Fehler weiter eingebremst.
Die Schwächephase zieht ihre Konsequenzen nach sich. Mittlerweile ist Konkurrent Razor GP mit dem aggressiven Entwicklungskonzept immer weiter weg gezogen. Die Verfolger in Form von SCMM und R-cademy befinden sich in Lauerstellung. Die Form des Rennstalls in den letzten sechs Rennen wird nun über den Platz in der Team-WM und damit verbunden wichtigen Geldern für 2022 entscheiden.
Teamchef Greulich schiebt das derzeitige Formtief dabei eher auf die Geschehnisse abseits der Strecke: „Die aktuellen Gerüchte und organisatorischen Aufgaben bringen uns schon durcheinander und haben auch Einfluss auf die Konzentration auf der Strecke. Für Silverstone hält sich gerade bei mir die Motivation in Grenzen.“
Dabei ist es auch für den Teamchef selbst nun ein Ehrenlauf in den letzten Rennen der VFC-Saison 2021. Fest steht, dass der Bayer nächstes Jahr nicht mehr neben Kumpel Bentenrieder Platz nimmt. Umso mehr beschäftigte er sich in den vergangenen Wochen mit Organisatorischen Fragen rund um die Zukunft des eigenen Rennstalls und dem Verband der Torino Car Group. Wer allerdings der zweite Mann neben dem wohl gesetzten Daniel Bentenrieder werden dürfte bleibt weiterhin ein Mysterium nachdem Gerüchte um Aleksandar Knezevic von Greulich selbst dementiert worden waren.
So wird es wohl auch am Sonntag vor allem Bentenrieder richten müssen. „Daniel ist schon optimistischer. Er hat den zweiten Motor drin und ich fahr den ersten, weil mir die Strecke nicht wirklich liegt. Ich will mir den guten Motor für Strecken aufsparen auf denen ich vielleicht ein bisschen was reißen kann.“ sagte Greulich gegenüber der Presse. Sein zweiter Fahrer jedoch hielt sich eher bedeckt und blieb mit „Sonntag müssen wir sehen wo wir stehen.“ recht diplomatisch.
Die besondere Konstellation des Fahrerfeldes durch einige Ersatzfahrer könnte aber am Ende auch Beta Guilia in die Karten spielen. Glaubt man den Trainingszeiten dürfte sich vor allem Daniel Bentenrieder wieder im Kampf um die Punktepositionen wiederfinden. Gemischt mit der Abwesenheit einiger gesetzter Punktekandidaten könnte man also auch bei den Italienern seinen Nutzen aus der Situation ziehen und sich so wichtige Zähler im Kampf um die Team-WM Positionen sichern.
Autor: Julian Kopp
Hier findest du die aktuellen Trainingszeiten des Großbritannien GP: https://www.race-view.com/server?user_id=Virtual%20Formula%20Championship&server_id=VFC%202021