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VFC-Italien GP – Wollborn gewinnt erstmals in Monza – Cesario enttäuscht beim Heimrennen


Wer dachte, dass die VFC in der laufenden Saison schon alle Geschichten und verrückten Rennverläufe erzählt hätte, der sah sich getäuscht. Am vergangenen Sonntag bot die Königklasse ein Spektakel der besonderen Art. Von einer kuriosen Qualifikation, über einen beamenden Sven Schubert (VM), Gruppenfights, Wetterchaos und einem spannenden Finish war bei diesem Grand Prix alles dabei was das Motorsportherz begehrt. Am Ende gab es mit Jannis Wollborn (Newman) einen strahlenden Sieger und lange Gesichter bei Scuderia Cesario, welche mit ihrem Heimrennen am Ende wohl kaum zufrieden sein konnten.

Aber der Reihe nach. Die Qualifikationssession machte zu Beginn des Rennabends einen spannenden, aber noch halbwegs geordneten Eindruck. Marc Schlüter bestätigte seine Favoritenrolle aus den Trainings und setzte den Russia Wagen zum zweiten Mal in der laufenden Saison auf die Pole-Position. Wie gut das Fabrikat der Russen momentan funktioniert wurde aber auch bei Fabian Jungbluth deutlich. Dieser zeigte wie in Belgien eine gute Qualifikation und positionierte sich hinter den beiden WM-Führenden Lukas Schmidt (Cesario) und Sven Schubert (VM) auf Rang vier der Startaufstellung. Eine der größten Überraschungen war dabei auch Leif Nordic (Clipper), welcher nur wenige Tausendstel hinter seinem Teamkollegen Pascal Pohlenz auf den siebten Platz fuhr. Schmidts wohl ernstzunehmenster Verfolger Jannis Wollborn (Newman) bekam seine Runde auf Grund von Fahrfehlern nicht zusammen und ging nur von Platz neun ins Rennen. Die eigentliche Dramatik spielte sich nach der Session ab. Bei der Rennleitung gingen mehrere Beschwerden über Behinderungen ein. Die Folge? Unter anderem Schmidt und Schubert kassierten eine +3 Plätze Strafe in der Startaufstellung und auch Weltmeister Kevin Peters musste im zweiten VM ebenfalls drei Ränge hinter, nachdem er in der Qualy mit altem Motor vorerst auf Rang elf gefahren war.

Das sorgte für eine kuriose Konstellation an der Spitze. Die Russia GPs belegten als erstes Team in der laufenden Saison die komplette erste Startreihe und fanden sich so in einer hervorragenden Ausgangssituation wieder. Dahinter gingen Max Hayman als erster Cesario und Leif Nordic im ersten Clipper in den Grand Prix, da auch Teamkollege Pohlenz wegen Blockierens zurückversetzt worden war. Diese Ausgangssituation ergab für Russia GP die Möglichkeit sich in der Anfangsphase mit beiden Fahrzeugen abzusetzen und genau das gelang den Fahrern von Wladislav Russinov auch. Nur die Reihenfolge sorgte vorerst für Aufsehen. Marc Schlüter kam am Start schlechter weg als der Teamkollege und so ging Fabian Jungbluth erstmals als Führender in die erste Kurve. Die erwartete Reihenfolge wurde dann aber nach einer Runde hergestellt , als Schlüter sich zurücküberholte, die Führung übernahm und in der Folge den Vorsprung ausbaute. Weiter hinten erwischte WM-Anwärter Jannis Wollborn einen Top-Start und konnte sich aus dem Mittelfeld heraus direkt auf Rang vier positionieren.


Für seinen Gegner Lukas Schmidt verlief die Anfangsphase sehr schlecht. Die Befürchtungen des Doppelweltmeisters, welche er im Vorfeld des Grand Prix geäußert hatte bewahrheiteten sich. Die Cesario Piloten verloren in den Positionskämpfen einen Platz nach dem anderen und so fand sich Schmidt zwischenzeitlich sogar nur noch auf Rang neun wieder. Währenddessen auch Max Hayman in Folge guter Ausgangs-situation nach und nach aus den Punkten rutschte. Und Sven Schubert? Der hatte in Kurve 1 mit einem Lag zu kämpfen und fand sich auf einmal statt im Mittelfeld am Ende des Grids wieder, von wo er mit Wut im Bauch seine Aufholjagd startete.

Gerade im Mittelfeld entwickelten sich so in dieser Anfangsphase tolle und hart geführte Zweikämpfe mit prominenten Hauptakteuren wie Pascal Pohlenz, Lukas Schmidt oder Sven Schubert. An der Spitze konnte sich unterdessen Jannis Wollborn an den Russia von Fabian Jungbluth heranarbeiten und letztlich überholen. Die Pace vom Führenden Marc Schlüter konnte Wollborn allerdings nicht ganz mitgehen. Gleiches galt für Leif Nordic (Clipper), welcher sich lange in der vorderen Mittelfeld Gruppe hielt. Den bis dato starken Abend machte im Laufe des Rennens dann ein Zwischenfall kaputt. In der 2. Schikane drehte sich Jannik Maleika (Saldo) nach Kollision mit Max Hayman (Cesario) und der folgende Nordic fuhr mit der Front den Flügel des Saldos ab. Anschließend rasten beide ohne Frontflügel zur Box und verloren wichtige Zeit.

Während dieses ersten Stints bot sich auch Daniel Bentenrieder (Beta Guilia) als möglicher Top-5 Kandidat an. Der Süddeutsche erwischte einen guten Rennstart und biss sich lange auf Rang vier fest. Die erste Boxenserie brachte dann Aufregung und Platzverschiebungen. Gerade der WM-Führende Schmidt profitierte hier. Der Doppelweltmeister war auf einem Stopp weniger als die Konkurrenz geplant und so profitierte er hier von den frühen Stopps der Konkurrenz inklusive anschließendem Verkehrschaos.


Für den großen Turnaround des Rennens sorgten dann zwei Aspekte. Zum einen Bastian Paisler. Der Razor GP Pilot fand sich im Kampf um die Punkte hinter Alexander Rütt (SCMM)

wieder und setzte zum Angriff an. Paisler unterschätzte jedoch die 0er Bremse des eigenen Wagens und ging auf der Innenbahn geradeaus in der ersten Kurve. Dabei räumte er den Kontrahenten ab und drehte den SCMM. Rütt blieb beim wieder anfahren auf dem Anti-Cut hängen und kam nicht wieder herunter. Das löste eine Safety-Car Phase aus. Hier kam nun die Wetterhexe ins Spiel, denn mit Beginn der Unterbrechung begann auch der Regen und sorgte für taktisches Chaos. An der Spitze setzten die Piloten weiter auf Trockenreifen, wobei der Zeitvorteil von Lukas Schmidts 1-Stopp Strategie verpuffte. Im Mittelfeld entschieden sich indessen einige Fahrer für die Variante des Regenreifens.

Mit der Wiederfreigabe des Rennens wurden nun zwei Dinge deutlich. Zum einen stellte Jannis Wollborn (Newman) wieder einmal seine Fähigkeiten im Regen unter Beweis. Problemlos überholte der Weltmeister von 2019 den chancenlosen Marc Schlüter (Russia) und begann an der Spitze davon zu ziehen. Zum anderen machte sich in den ersten Runden nach Restart bemerkbar, dass die Regenreifen besser funktionierten als die trockenen Gummis und so kam auf einmal Pascal Pohlenz (Clipper) bis auf Rang zwei nach vorne während Alexander Kraft (Razor) zeitweise sogar auf Rang fünf fuhr.


Doch die Freude währte nur kurz. Da es wieder zu regnen aufgehört hatte, trocknete die Strecke bereits nach wenigen Runden merklich ab und eine Trockenlinie zeigte sich auf dem Kurs. So drehte sich das Reifenfenster wieder und Pascal Pohlenz verlor den gerade errungenen 2. Rang wieder gegen Sven Schubert und Marc Schlüter. Der Russia Pilot gewann nun wieder an Fahrt und konnte sich so schnell gegen die Konkurrenz durchsetzen. Dennoch war es zu diesem Zeitpunkt für einen Sieg bereits zu spät. Jannis Wollborn war vorne bereits um über sieben Sekunden enteilt und brauchte seinen vierten Saisonerfolg nur noch nach Hause fahren. Für Schlüter blieb am Ende nur Silber und wieder kein Triumph trotz siegfähigem Auto und guter Eigenleistung. Dennoch dürfte auch der Russia Pilot zufrieden gewesen sein, denn sein Teamkollege Fabian Jungbluth gelang kurz vor dem Ende noch das Überholmanöver gegen Sven Schubert (VM) und so erreichten erstmals beide Russia GP Fahrer zusammen das Podium. Ein Achtungserfolg, der im Anschluss mit viel Wodka und Kavier rund um Teamchef Wladislav Russinov begossen wurde.

Wie begossene Pudel sahen dagegen eher die Beteiligten des Cesario Teams aus. Durch das schlechte Timing des Safety-Cars konnte Lukas Schmidt keinen großen Vorteil aus seiner 1-Stopp Strategie ziehen und wurde am Ende noch mit etwas Glück Fünfter, da er noch zwei Piloten auf Regenreifen überholen konnte. Der trockene Durzaam rettete den Italienern somit zumindest ein paar Punkte, während Max Hayman nach großen Hoffnungen vor dem Grand Prix nach einer zwischenzeitlichen Strafe abstellte. Die immensen Erwartungen zum Heimrennen konnten so nicht erfüllt werden, was wohl weniger an der Grundpace, sondern eher an der schlechten Bremse in den Zweikämpfen auf der Strecke lag. Dem eigenen Anspruch des Teams und seines Verantwortlichen Gonzalez Cattivo dürfte dies nicht gerecht werden und so bleibt die Scuderia ohne Sieg beim Heimrennen seit 2014. Dass zumindest der zukünftige Cesario Fahrer Jannis Wollborn gewann, am Ende vielleicht ein kleiner Trost für den Mexikaner.

Nur begrenzt gefreut dürfte sich auch Pascal Pohlenz haben. Der Clipper Pilot hatte nach dem einsetzenden Regen spekuliert und verloren. Am Ende musste er seine sechste Position noch gegen Weltmeister Kevin Peters hergeben, welcher auf Trockenreifen in den letzten Runden durchs Feld pflügte und noch Plätze gutmachte. Damit hält Peters Punkteserie und baute diese auf nun 33 Rennen in Folge aus. Die Top-8 komplettierte Daniel Bentenrieder vom heimischen Beta Guilia Team. Das volle Potenzial hatte Bentenrieder aber an diesem Tag nicht aus dem Wagen herausholen können und nach einem zwischenzeitlichen vierten Rang sollte dieses Ergebnis sowohl ein lachendes als auch ein weinendes Auge verursachen. Die Top 10 komplettierten Jannik Maleika (Saldo) und Alexander Kraft (Razor) und sammelten wichtige Zähler für ihre Teams. Dahinter wurde es aber zum Schluss noch einmal unübersichtlich. Der eigentlich punktesichere Yannik Barwig im zweiten Newman kassierte unverschuldet in der letzten Runde seinen sechsten Cut und bekam so eine Zeitstrafe aufgedrückt. Die Folge? Barwig verlor so wichtige Newman Zähler nach der Zieleinfahrt und flog aus den Punkterängen.

Nutznießer waren Fabian Walter (Cliffort) und Travis Carter (Manziel). Es war der Höhepunkt einer dramatischen Situation. Auch Walter war in der SC-Phase auf Regenreifen gegangen und verlor in den letzten Runden massiv Zeit auf den trockenbereiften Manziel, welcher im Rückspiegel immer näher kam. In der letzten Runde verlor Walter ganze 7-Sekunden in einer Runde und fand bei der Zieleinfahrt den goldenen Wagen direkt im Heck wieder. Doch aus der Enttäuschung bei Carter und Co. wurde umgehend Freude. Statt mit Rang 13 leer auszugehen katapultierte ihn die Barwig Strafe auf den 12. Platz. Es war somit Carters erster Punkt des Jahres und das erste Mal zählbares für das kleine Comeback-Team nach einer Durststrecke von fünf Rennen.


Autor: Julian Kopp


Das komplette Rennergebnis:


Der aktuelle WM-Stand nach dem Italien GP:



Hier gehts zur Wiederholung des Italien GP:






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